Open Water
Um das volle ökonomische Potenzial von Drohnen zu nutzen, müssen diese auch im Regelbetrieb außerhalb der Sichtweite einer Pilotin oder eines Piloten eingesetzt werden können. Und das über weite Strecken. Wie eine solche BVLOS-Mission (Beyond Visual Line of Sight) über der Nordsee und im Einklang mit dem übrigen Luft- und Seeverkehr funktionieren kann, zeigten das Fraunhofer IFAM und das Unternehmen Droniq mit einem Langstreckenflug über 180 Kilometer von Cuxhaven bis Helgoland und wieder zurück.
Von Jan Schönberg
Nach einjähriger Bauzeit wurde Ende September 2024 der Offshore Drone Campus Cuxhaven (ODCC) eröffnet und seiner Bestimmung übergeben. Das Entwicklungs- und Testzentrum wird vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM) betrieben und soll die Voraussetzungen dafür bieten, unter realistischen Bedingungen UAS-basierte Inspektions- und Wartungsarbeiten in Windparks sowie Monitoring- oder Transportaufgaben für die maritime Wirtschaft erproben und entsprechende Technologien entwickeln zu können. Mögliche Anwendungsszenarien liegen hier beispielsweise im Küsten- und Naturschutz sowie der Beförderung eiliger Güter an abgelegene Industriestandorte oder auf Inseln und Halligen. Mit einem Testflug wurde nun erprobt, wie Langstreckenflüge unter den in der Deutschen Bucht herrschenden Bedingungen und unter Einbeziehung aller relevanten Stakeholder erfolgreich durchgeführt werden können.
Beim Probeflug blieb die Landung auf Helgoland aus, zukünftig soll aber auch ein Zwischenstopp auf Deutschlands einziger Hochseeinsel ins Testprogramm aufgenommen werden
Projektkooperation
Im Rahmen einer Projektkooperation entwickelten das Fraunhofer IFAM und die Droniq GmbH ein technisches und organisatorisches Betriebskonzept. Die darin enthaltene Flugroute führte vom ODDC aus Richtung Elbmündung und anschließend entlang der Schifffahrtsstraße bis nach Helgoland und wieder zurück. Insgesamt 180 Kilometer Luftflinie. Die eingesetzte Drohne des Typs HAS S360 Mk.II ist aufgrund ihrer Starrflüglerkonfiguration und des verbauten Verbrennungsmotors auf lange Flugzeiten und große Distanzen hin optimiert. Das unbemannte System der Bremer Firma Hanseatic Aviation Solutions verfügt über 3.600 Millimeter Spannweite und kann bei einem maximalen Abfluggewicht von etwa 25 Kilogramm Nutzlasten bis zu 5 Kilogramm befördern.
Koordiniert und überwacht wurde der Testflug aus dem Kontrollzentrum in Cuxhaven aus. Neben der praktischen Erprobung des Betriebskonzeptes wurden während der Mission die Kommunikationsverbindungen, der Flugfunk und weitere technische Systeme erprobt, um Erkenntnisse für künftige Tests und einen späteren Regelbetrieb zu gewinnen. Unter anderem wurde das mit Hilfe der Droniq-Sensorik generierte Luftlagebild in der Praxis ausprobiert. Damit auch im Ernstfall die Risiken minimiert worden wären, war die Drohne neben einem Fallschirm auch mit einer Schwimmhilfe ausgestattet, um bei einer möglicherweise erforderlichen Notwasserung gewappnet zu sein.
Vom Offshore Drone Campus Cuxhaven ging es zunächst zur Elbmündung und dann in 200 Meter Höhe Entlang der Schifffahrtsroute in Richtung Helgoland
„Meilenstein“
Nach dem erfolgreichen Langstreckenflug kehrte die HAS S360 Mk.II sicher an ihren Ausgangspunkt zurück. Für das Jahr 2025 sind weitere Testeinsätze geplant, um perspektivisch auch flächendeckend eine Integration von Langstreckendrohnen in den allgemeinen Luftraum zu ermöglichen. „Bemannter und unbemannter Flugverkehr müssen stets gemeinsam und sicher stattfinden können“, weiß Droniq-CEO Jan-Eric Putze. „Wir haben jetzt gezeigt, dass so etwas auch bei Langstreckenflügen mit der Drohne funktioniert. Das markiert einen Meilenstein für die Weiterentwicklung der unbemannten Luftfahrt.“
Fotos: Fraunhofer IFAM, Droniq