Interview mit Sascha Schmel zur Drone Readyness Analyse
Wie kann aus innovativen Einzelprojekten eine flächendeckende Nutzung von UAVs im industriellen Kontext werden? Mit der Frage nach der Skalierung von Drohnenanwendungen in Investitionsgüterindustrie und Logistik setzen sich derzeit die Arbeitsgemeinschaft Industrial Drone Solutions im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sowie der Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Universität Erlangen-Nürnberg auseinander.
Von Jan Schönberg
Mit einer breit angelegten Online-Umfrage will man noch bis zum 18. Dezember 2020 Praxisdaten darüber erheben, welche Rolle unbemannte Flugsysteme bereits im B2B-Umfeld spielen und welche Erwartungen oder gegebenenfalls auch Befürchtungen mit der Technologie verbunden sind. Laut Sascha Schmel, Geschäftsführer der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Industrial Drone Solutions, soll die „Drone Readyness Analyse“ wichtige Erkenntnisse darüber liefern, wie es diesbezüglich branchenübergreifend derzeit aussieht. Drones fragt nach.
Hier geht es zur Online-Umfrage, die noch bis zum 18. Dezember 2020 aktiv ist.
Drones: Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau beschäftigt sich bereits eine ganze Weile intensiv mit „Industrial Drone Solutions“: Wie groß schätzen Sie das wirtschaftliche Potential ein, das Ihre Mitglieder mit Drohnen erschließen könnten?
Sascha Schmel: In einer konkreten Zahl lässt sich das aktuell nicht beziffern, aber das Potenzial ist groß, weil es ja nicht nur den Maschinen- und Anlagenbau allein betrifft, sondern auch die nachgelagerten Kundenbranchen.
Was genau ist Ziel und Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft „Industrial Drone Solutions“ im VDMA?
Wir verstehen uns als Netzwerk für Anbieter und Anwender im B2B-Bereich. Die Arbeitsgemeinschaft schafft den Rahmen, um den Informationsaustausch zu Anwendungsmöglichkeiten, Einführung beziehungsweise Umsetzung von Drohnenprojekten zu ermöglichen. Das ist notwendig, weil hier unterschiedliche Erwartungshaltungen und Anforderungen aufeinandertreffen. Wir bringen die Akteure zusammen und entwickeln gemeinsam Instrumente, die Drohnenanwendungen hoffentlich beschleunigen können. Dazu gehören beispielsweise Hilfsmittel wie Whitepaper, die konkret einen bestimmten Use Case beleuchten und so die Rahmenbedingungen für ein mögliches Projekt möglichst umfassend beschreiben. Darüber hinaus stärken wir die Forschung in diesem Bereich und setzen uns für entsprechende Mittel ein. Und natürlich geht es auch um die Sichtbarkeit im Markt und um entsprechende Akzeptanz. Hier bietet das VDMA-Netzwerk eine Vielzahl von Formaten und Möglichkeiten, die wir für Drohnenlösungen aktivieren. Der Verband von Anwendern von Drohnenlösungen sind wir bereits – der Verband für Anbieter von industriellen Drohnenlösungen wollen wir werden.
Haben Sie bereits Erkenntnisse darüber, wie viele Unternehmen aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau Drohnen einsetzen – oder soll Ihre aktuelle Umfrage diesbezüglich überhaupt erst eine Datenbasis liefern?
Wir wissen konkret von den Mitgliedsfirmen, die sich in der AG einbringen, dass sie entweder bereits schon Testprojekte mit Drohnen durchgeführt haben oder gerade solche Projekte aufsetzen. Die Drone Readyness Analyse soll in der Tat ein umfassenderes Bild liefern, wie es branchenübergreifend aussieht. Dazu gehört neben der Offenheit der Maschinenbauer eben auch die Bereitschaft von deren Kunden.
Wie sehen derzeit typische Anwendungsfälle für Drohnen im Maschinen- und Anlagenbau aus – und welche zukünftigen Anwendungsbereiche könnten hinzukommen?
Niederschwellig sind beispielsweise Inspektionen oder Vermessungsaufgaben mit Drohnen. Diese sind für ganz unterschiedliche Szenarien im Maschinenbau möglich und lassen sich schnell und einfach realisieren. Erste Projekte mit Drohnen, die Proben oder anderes Kleinmaterial transportieren, gibt es ebenfalls schon, sind aber in der Umsetzung aufwändiger.
Was sind aus Ihrer derzeitigen Sicht die aktuell größten Hindernisse die Unternehmen davon abhalten könnten, Drohnen einzusetzen? Und wie könnte man diese beseitigen?
Die größten Hindernisse sind aktuell aus unserer Sicht die Unsicherheiten bei der Rechtssicherheit. Dabei geht es nicht nur um die EU-Drohnenverordnung, sondern auch um die Anwendung Maschinenbau-relevanter Vorgaben und Richtlinien. Speziell Letzteres ist für uns eine Kernaufgabe, weil wir in diesen Regelwerken zuhause sind und entsprechend Klarheit für alle Beteiligte herstellen können. Ein wesentliches Hindernis ist auch, dass Drohnenanwendungen im Maschinenbau noch recht neu sind. 2020 ist nicht gerade durch Investitionsbegeisterung geprägt. Wirtschaftlich hat auch der Maschinenbau dieses Jahr Federn gelassen. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich das ändert, wenn der Konjunkturmotor wieder anläuft. Eine ähnliche Zurückhaltung sehen wir auch für Modellprojekte. Hier wäre der Zugang zu weiteren Fördergeldern hilfreich. Im vorwettbewerblichen Bereich konnten wir schon erfolgreich Mittel für Forschungsprojekte generieren.
Sie haben es angesprochen, die Unsicherheit bezüglich der Anfang 2021 wirksam werdenden europäischen Richtlinien für den Drohneneinsatz ist groß. Aber wie beurteilen Sie den Regelungsrahmen inhaltlich? Gibt es für den Maschinen- und Anlagenbau vielleicht noch ganz andere bürokratische Hemmnisse als die EU-Drohnenverordnung?
Natürlich blicken wir für den Maschinenbau auch intensiv auf die anstehenden Veränderungen ab 2021. Einheitliche Regelungen sind zwingend notwendig, damit Anwendungen und auch Geschäftsmodelle skalieren können. Darüber hinaus spielen im Maschinenbau weitere Regelwerke eine Rolle für Drohnenanwendungen. Hier geht es zum Beispiel um die Anwendung der Maschinenrichtlinie oder um Aktivitäten im Bereich EU-Umweltgesetzgebung, wo tatsächlich gerade Drohnen in den Fokus geraten. Arbeits- und Datenschutz-rechtliche Fragen schließen sich oftmals ebenso an.