Studie zur Eignung von Drohnen als Transportmittel für Blutproben
Der Transport von medizinischen Gütern ist eine Art Vorzeige-Anwendungsfall für Drohnen. Unter anderem die schnelle Beförderung von Blutproben zur Diagnostik im Labor wird da häufig genannt. Aber sind unbemannte Systeme auch tatsächlich dafür geeignet? Oder könnten Erschütterungen und Vibrationen der Drohne die Analyse-Ergebnisse verfälschen? Dieser Frage ging ein Forschungsprojekt der Uniklinik Köln unter Beteiligung des Drohnendienstleisters FairFleet nach. Mit ermutigenden Ergebnissen.
Von Jan Schönberg
Es klingt so einfach. Im Medizinbetrieb ist Geschwindigkeit ein hohes Gut und Drohnen können dazu beitragen, Prozesse zu beschleunigen. Beispielsweise dann, wenn während laufender Untersuchungen oder Operationen dringend Gewebe- oder Blutproben analysiert werden müssen, um die weitere Behandlung an den Ergebnissen auszurichten. Was zunächst wie eine klare Angelegenheit klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als durchaus komplex. Denn aus medizinischer Sicht sind Blutproben ein äußerst empfindliches Untersuchungsgut. Die Sorge einiger Mediziner: Der Drohnentransport könne zwar schneller sein als herkömmliche Methoden – aber zu verfälschten Ergebnissen in der Diagnostik führen.
Die Transportphase hat einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Blutproben und damit auch auf die Richtigkeit der entsprechenden Laborergebnisse. Beispielsweise können schon leichte Temperatureinflüsse die Proben so schädigen, dass diese für die Analytik nicht mehr verwendbar sind oder unplausible beziehungsweise gar nicht vorhandene Krankheitsbilder suggerieren. Ein Hauptproblem stellen zudem physikalische Kräfte dar, neben Vibrationen insbesondere auch Beschleunigungskräfte. Diese können die sogenannte Hämolyse hervorrufen. Dabei wird die Zellmembran, die die roten Blutkörperchen umgibt, zerstört und es werden unterschiedliche Stoffe freigesetzt, die zu „falschen“ Messergebnissen führen können. Daher wurden entsprechende Untersuchungen bereits für andere Transportwege wie zum Beispiel Rohrpostanlagen durchgeführt, bei denen mechanische Einflüsse mittels Datenlogger dokumentiert und mit dem Ausmaß der Hämolyse korreliert wurden.
Im Rahmen der aktuellen Studie am Uniklinikum Köln wurde Freiwilligen Blut entnommen. Jeweils das erste Drittel wurde in einer Tragetasche von einem Kurier zu Fuß transportiert, das zweite Drittel wurde in einer gesicherten Transportbox unter einer handelsüblichen Drohne platziert. Für das letzte Drittel der Blutproben wurde die Transportbox zusätzlich mit einer vibrationsabsorbierenden Gimbal-Vorrichtung versehen. Allen Proben wurden zusätzlich mit einem Datenlogger zur Messung der Vibrationsaktivitäten versehen. Anschließend wurden sowohl die Proben als auch die von den Loggern aufgezeichneten Daten analysiert.
„Es zeigten sich bei den mit Drohnen transportierten Blutproben keine Veränderungen, die auf eine gesteigerte Hämolyse mittels dieser Transportform hinweisen würden“, fasst Dr. med. Wibke Johannis, Oberärztin des Instituts für Klinische Chemie der Universitätsklinik Köln, das ermutigende Ergebnis der Studie zusammen. Zudem belegte die Auswertung der Datenlogger, dass die bei den Drohnen summierten Beschleunigungskräfte sogar unter denen des „Zu-Fuß-Transports“ lagen, da diese insbesondere in der Flugphase konstant niedrig sind. „Nennenswerte Unterschiede zwischen dem regulären Drohnentransport und dem Drohnentransport mit Gimbal gab es weder bei den Blutanalysenergebnissen noch bei den Beschleunigungskräften.“
Neben der medizinischen Fragestellung wurde die Studie auch dazu genutzt, Prozesse und Genehmigungsverfahren des Drohnenbetriebs auf einem Krankenhausgelände zu erproben. Hier machten sich die praktischen Erfahrungen des FairFleet-Teams mit herausfordernden Missionsprofilen bezahlt. Insbesondere die Aufstiegs- und Fluggenehmigungen durch die Flugsicherung, aber auch die Information der Feuerwehr und der verschiedenen medizinischen Einrichtungen des Uniklinikums Köln stellten eine Herausforderung dar. Denn bei UAS-Einsätzen auf dem Gelände der Kliniken ist der Luftraum durch das Krankenhaus selbst und den dazugehörigen Helikopter-Landeplatz eingeschränkt. Dafür mussten entsprechende Genehmigungen eingeholt werden und bei der zuständigen Leitstelle vor jedem Flug die An- und anschließend die Abmeldung erfolgen. Diese Prozeduren zu evaluieren und praktikable Umsetzungsmechanismen für einen täglichen Regelbetrieb zu definieren war ebenfalls Teil der klinischen Studie.
Die Ergebnisse aus Köln werden sicher auch bei anderen Projekten zu medizinischen Transporten per Drohne interessiert zur Kenntnis genommen werden. Allerdings lassen sich die Erkenntnisse zur Beförderung von Blutproben nicht per se auf weitere Transportgüter wie etwa Gewebeproben anwenden. „Vor der Übertragung auf andere Anwendungsfälle sollte allerdings eine Validation in ähnlicher Weise stattfinden“, so Dr. med. Wibke Johannis.
Fotos: FairFleet