Over the bridge
Im Sommer 2018 führte der Einsturz der Morandi-Brücke in Genua eindrucksvoll vor Augen, wie wichtig eine regelmäßige Überprüfung und Wartung von Infrastruktur-Bauwerken ist. Drohnen-basierte Prüfverfahren bieten hierfür enormes Potenzial. So lassen sich zum Beispiel mit den Softwarelösungen von Bentley Systems digitale Zwillinge erstellen, die etwa via Azure Remote Rendering zur Ausgabe auf Mixed-Reality-Brillen wie Microsofts HoloLens vorbereitet werden.
Von Jan Schönberg
Herkömmliche Sichtprüfungen kritischer Infrastruktur wie Brücken sind zuweilen sehr zeitintensiv, bergen Sicherheitsrisiken und erfordern teure Spezialausrüstung. Je nach Zugänglichkeit und Berichtsmethode können die Ergebnisse zudem ungenau und fehleranfällig sein. Innerhalb weniger Jahre hat sich das sogenannte „Building Information Modeling“ – kurz BIM – von einem Trend de facto zum Standard bei größeren Hoch- und Tiefbauprojekten entwickelt. Die so genannte Bauwerksdatenmodellierung widmet sich der softwaregestützten, vollständig vernetzten Planung und Zustandsüberwachung von Gebäuden oder auch Infrastrukturprojekten. Per UAS gesammelte Daten sind an dieser Stelle nahezu unverzichtbar geworden, in entsprechenden Ausschreibungen gehört der Drohneneinsatz zur Generierung optischer Daten häufig bereits zum festen Anforderungskatalog.
Kosteneffizienz
Die für die Verkehrsinfrastruktur zuständigen Ministerien und Behörden auf der einen sowie beauftragte Unternehmen auf der anderen Seite müssen in aller Regel darauf bedacht sein, ihre begrenzten Mittel so effektiv wie möglich einzusetzen. Hier kann die Nutzung digitaler Zwillinge für sicherere, kostengünstigere, zeitgemäßere und genauere Inspektionen sorgen. In einem digitalen Zwilling können Daten aus unterschiedlichen Quellen und von unterschiedlichen Zeitpunkten kombiniert sowie zudem Änderungen an Objekten wie auf einer Zeitleiste nachverfolgbar gemacht werden. So ist es möglich, Veränderungen zu verfolgen und Informationen wie das genaue Ausmaß von Rissen, Korrosion oder Abschnittsverlusten zu verstehen.
In Kooperation mit den Unternehmen Bentley Systems sowie Collins Engineers testete das Minnesota Department of Transportation (DOT), inwiefern das Monitoring der mehr als 20.000 Brücken innerhalb des US-Bundesstaats mit Drohnen und Software von Bentley Systems effizienter gestaltet werden könne. Das Ergebnis: Mögliche Einsparungen von bis zu 40 %. Denn während sonst der zeit- und damit kostenintensive Einsatz größerer Teams von Industriekletterern oder Trupps mit teurem Spezialgerät die Grundlage für das Brückenmonitoring liefert, können nun vergleichsweise schnelle und preisgünstige Befliegungen per Drohne die erforderlichen Daten liefern. So müssen die Fachleute nicht zwingend vor Ort sein, sondern können anhand der Daten vom Büro aus eine Sichtinspektion vornehmen. Dank moderner Softwarelösungen lassen sich sogenannte Realitätsraster rendern, die einen dreidimensionalen, immersiven Eindruck von Bauwerk und Umgebung vermitteln. Und mehr noch. Ist an der einen oder anderen Stelle ein Riss oder eine andere Auffälligkeit erkennbar, können die Ingenieure diesen direkt im digitalen Zwilling markieren, sodass vor Ort eine gezielte Nachkontrolle erfolgen kann.
Sparanreize
Hält man sich vor Augen, dass Brücken oft einen sehr langen Lebenszyklus von bis zu 100 Jahren haben, summieren sich die Einsparpotenziale über die Jahre ganz beträchtlich. Und lassen sich Schäden rechtzeitig erkennen sowie Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig angehen, kommt zusätzliches wirtschaftliches Potenzial hinzu. Von der Vermeidung von Katastrophen wie dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua ganz zu schweigen.
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