Über die Bedeutung von „Anerkannten Regeln der Technik“

Gängige Praxis

Menschen machen Fehler, Technik kann versagen. Wenn Drohnen betrieben werden, besteht auch bei bester Vorbereitung und sorgsamster Durchführung immer das Risiko, dass etwas schief läuft. Im Schadensfall geht es dann schnell um höhere Beträge. Wohl dem, der sich in solchen Fällen auf die Beachtung von DIN-Normen, VDE-Vorschriften oder auch VDI-Richtlinien berufen kann. Denn diese und andere anerkannte Regeln der Technik gelten als Maßstab für pflichtgemäßes Handeln – im Zweifel auch vor Gericht.

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Der technische Fortschritt ist stetig und zuweilen rasant. Daher ist es nahezu unmöglich, einschlägige Gesetze und Rechtsnormen diesbezüglich stets auf dem neuesten Stand zu halten. Zu groß der Novellierungsbedarf, zu umfangreich die erforderlichen Verfahren. Daher verweisen in Rechtsvorschriften verschiedene Klauseln auf jeweils aktuelle Erkenntnisse aus Wissenschaft und Technik. Während die Kategorien „Stand von Wissenschaft und Technik“ sowie „Stand der Technik“ das aufgrund jüngster Erkenntnisse grundsätzlich Mögliche beschreiben, beziehen so genannte „Anerkannte Regeln der Technik“ die Alltagspraxis mit ein und definieren Handlungsweisen und Verfahren, die technisch up to date sind und sich zudem in der Praxis als zuverlässig und sicher bewährt haben.

Richtlinien

Diese werden von Fachleuten erarbeitet und im Rahmen eines Peer-Review-Verfahrens zur öffentlichen Diskussion gestellt, ehe sie final veröffentlicht werden. Zu den bekanntesten technischen Regelwerken neben den DIN-Normen gehören die Richtlinien aus dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI). „Der VDI ist einer der wichtigsten Regelsetzer Deutschlands, jedes Jahr werden zwischen 200 und 250 neue oder überarbeitete Richtlinien publiziert“, weiß Dipl.-Ing. Simon Jäckel, wissenschaftlicher Mitarbeiter der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik. „Diese werden von rund 12.000 ehrenamtlich tätigen Expertinnen und Experten entwickelt und einem öffentlichen Einspruchsverfahren unterzogen.“

Die in den Veröffentlichungen der technischen Regelsetzer festgeschriebenen Standards stellen daher eine Art Verschriftlichung der „gängigen Praxis“ dar, wie sie sich in den einzelnen Fachgebieten theoretisch wie praktisch bewährt haben. Eine Verpflichtung, sich daran zu halten, besteht jedoch nicht. „Wenn nicht in Verträgen oder Gesetzen verpflichtend gemacht, unterscheidet die prinzipielle Freiwilligkeit, technische Normen zu erfüllen, diese von Rechtsnormen“, erläutert Simon Jäckel, der die Arbeit des Fachausschusses unbemannte Luftfahrtsysteme im Verein Deutscher Ingenieure e.V. koordiniert. „Dennoch ist es äußerst ratsam, die Richtlinien anerkannter technischer Regelsetzer wie des VDI zu beachten. Nicht zuletzt deshalb, weil man sich im Schadensfall auch vor Gericht auf deren Einhaltung berufen und die Chance signifikant erhöhen kann, mögliche Regressforderungen abzuwenden.”

„Wertvolle Hilfe“

Die Mitglieder des VDI-Fachausschusses für unbemannte Luftfahrtsysteme beschäftigen sich seit 2018 mit der technischen Regelsetzung für die unterschiedlichen Teilbereiche der privaten und kommerziellen Drohnennutzung. Im Sommer 2021 veröffentlichte der Ausschuss die sogenannten „VDI-Handlungsfelder – Betriebssicherheit von UAS“, in denen auf offene Fragen bezüglich des UAS-Betrieb im größeren Maßstab hingewiesen wurde. Ein Jahr später erschien die offizielle VDI-Richtlinie 5912, Blatt 1: „Sicherer Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge – Grundlagen“. Sie richtet sich an Fernpilotinnen und Fernpiloten sowie gewerbliche, behördliche und private Betreiberinnen und Betreiber von unbemannten Luftfahrzeugen. „Anerkannte Regeln der Technik sind für UAS-Pilotinnen und -Piloten eine wertvolle Hilfe, um zum einen Drohnen sicher zu betreiben und zum anderen eine Richtschnur für die Definition betrieblicher Prozesse zu haben“, findet der Ausschussvorsitzende Dipl.-Inform.wirt (FH) Friedrich Wilhelm Bauer. „Dementsprechend viel Zeit und Mühe haben wir darin investiert, unsere VDI-Richtlinie 5912 zum sicheren Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge so praxisnah wie möglich auszugestalten.”

Doch nicht nur für die einzelnen Anwendungsfälle, auch für die Branche als Ganzes sind Regelwerke und die Beschäftigung mit Standards und Verfahren von Bedeutung. Schließlich unterstreicht dies zum einen die wachsende gesamtwirtschaftliche Relevanz der Drone-Economy. Zum anderen tragen öffentlich debattierte Leitlinien dazu bei, den Diskurs zu fördern und im konstruktiven Austausch auch auf dieser Ebene Fortschritt zu ermöglichen. „Damit die unbemannte Luftfahrt möglichst rasch ihr großes Potenzial entfalten kann, ist eine Professionalisierung auf allen Ebenen von großer Bedeutung“, weiß Friedrich Wilhelm Bauer, der an der Hochschule Hannover das Projektlabor für Werkstoffe im Flugbetrieb leitet. „Daher werden wir die Richtlinienarbeit auch konsequent fortsetzen und uns nach dem UAS-Betrieb an sich nun verstärkt der sicheren Integration von Drohneneinsätzen in urbanen Räumen widmen.”




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