Neues Jahr, neue Regeln
Zum 01. Januar 2024 tritt die vorerst letzte, aber sicher einschneidendste Stufe der Implementierung europäischer Vorgaben für UAS-Betreiberinnen und -Betreiber in Kraft. Und betrachtet man die diesbezüglichen Diskussionen, so könnte das Ende für die verhältnismäßig einfache Nutzung von sogenannten Bestandsdrohnen ohne C-Klassifizierung bedeutsame Mehrkosten für Unternehmen bedeuten, die weiterhin Drohnen nutzen möchten. Doch was ändert sich 2024 wirklich?
Von Jan Schönberg
Ab dem 01. Januar gelten die Übergangsbestimmungen von Artikel 20 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 und lösen damit die Bestimmungen von Artikel 22 ab. Bis dato galt, dass unbemannte Fluggeräte ohne C-Klassifizierung – also sogenannte Bestandsdrohnen – mit einem Abfluggewicht zwischen 500 Gramm und 2 Kilogramm mit gewissen Einschränkungen in der Unterkategorie A2 der offenen Kategorie betrieben werden durften, wenn ein Abstand von 50 Meter zu Menschen eingehalten werden konnte und der Pilot beziehungsweise die Pilotin die erforderlichen Qualifikationen vorweisen konnte. Gerade der Abstand zu unbeteiligten Personen war in urbanen Gebieten jedoch in den seltensten Fällen einzuhalten.
Nicht mehr möglich
Ab Januar 2024 entfällt diese von Anfang an als Übergang gedachte Regelung gänzlich und UAS mit einer Abflugmasse von mehr als 250 Gramm dürfen – eine entsprechende C-Klassifizierung vorausgesetzt – nur noch in der Unterkategorie A3 der offenen Kategorie erlaubnisfrei betrieben werden. Dies bedeutet, dass ein Abstand von 150 Meter zu Wohn-, Gewerbe-, Industrie- und Erholungsgebieten eingehalten werden muss. Von dieser Regelung betroffen wäre der überwiegende Teil aller Bestandsdrohnen, die im semiprofessionellen und auch professionellen Bereich eingesetzt werden. Der erlaubnisfreie innerörtliche Betrieb für UAS wie DJI Phantom, DJI Mavic und Modelle vieler anderer Hersteller kann dann nicht mehr wie bisher stattfinden. Zumindest nach den Vorgaben der offenen Kategorie.
„Muss ich meine Drohne dann in Rente schicken?“, werden sich viele UAS-Betreiberinnen und -Betreiber daher fragen. Und die Frage ist nicht unberechtigt. Sie kann zudem nicht klar mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Denn Einsatzzweck und vor allem Einsatzort sind hier natürlich entscheidend. Wird das UAS eher im Freizeit-Kontext eingesetzt, so kann problemlos ein im Sinne der europäischen Vorgaben geeigneter Betriebsort gewählt werden, um die Unterkategorie A3 zu nutzen. Sofern der Betrieb aber gewerblich und an einen bestimmten „Point of Interest“ gebunden erfolgt, beispielsweise zur Luftbilderstellung von Immobilien oder für Inspektionsmaßnahmen, wird es aufwändiger. Denn nun ist für die Geräte eine Betriebserlaubnis in der speziellen Kategorie erforderlich. Konkret bedeutet dies einigen Aufwand für die Erstellung eines Handbuchs und einer Risikobewertung für die geplanten Fluggebiete. Von der Wartezeit auf die Erlaubniserteilung und die damit verbundenen Kosten ganz zu schweigen.
Kaum absehbar
Es ist jedoch schwer abzuschätzen, wie viele UAS-Betreiberinnen und -Betreiber aus dem (semi-)professionellen Bereich davon aber wirklich substantiell betroffen sein werden. Schließlich sind die Regeln grundsätzlich bereits seit 2019 bekannt und eine frühzeitige Vorbereitung auf die Veränderungen zum Januar 2024 wäre – zumindest weitgehend – möglich gewesen. Es gibt daher bereits eine Vielzahl an Drohnenbetreibenden, die über eine Betriebserlaubnis verfügen. Insbesondere dann, wenn der UAS-Einsatz nicht nach den Regeln der offenen Kategorie, Unterkategorie A2 möglich war. Dies dürfte vor allem Inspektionsmaßnahmen und Vermessungsflüge betreffen, da bei großflächiger Befliegung immer mit unbeteiligten Dritten zu rechnen war und ist. Für diese Nutzergruppe dürfte es kaum Veränderungen geben. Gleiches gilt für alle UAS-Betreiberinnen und -Betreiber, die mit UAS über 2 Kilogramm Abflugmasse agieren, beispielsweise den Modellen Inspire oder Matrice 300 von DJI. Hier war der Betrieb bereits seit 2019 nur in der Unterkategorie A3 möglich – oder eine Betriebserlaubnis (spezielle Kategorie) erforderlich. Und bei der DJI Matrice mit einem Abfluggewicht von mehr als 4 Kilogramm ist auch mit C-Klassifizierung fast nur ein Betrieb in der speziellen Kategorie möglich.
Da der anstehende „Wechsel“ der Betriebsregeln bereits seit Jahren bekannt war, hätte die Zeit für eine dahingehende Vorbereitung wie die Erstellung eines Betriebskonzepts und -handbuchs für die eigenen Einsatzszenarien im Grunde ausgereicht. Zumal vom Luftfahrt-Bundesamt und den Landesluftfahrtbehörden eine Vielzahl an Hilfestellungen durch Tutorials und Formulierungshilfen angeboten wird. Betrachtet man den Aufwand und die Kosten für eine Betriebserlaubnis, so dürfte jedoch auch der Wechsel der eingesetzten Drohne in vielen Fällen eine Option sein. Denn alleine die zeitlichen und damit auch finanziellen Aufwendungen für eine Betriebserlaubnis mit etwaigen Ergänzungen können schnell den Neupreis eines zum eigenen Anwendungsfall passenden UAS mit C-Klassifizierung übersteigen.
Neue Optionen
Allerdings, und das ist die andere Seite der Medaille, sind erst seit Mitte 2023 die ersten an die europäischen Vorgaben angepassten und entsprechend zertifizierten Flugsysteme am Markt verfügbar. Allerdings kommen nun stetig neue UAS auf den Markt, die nach den Kriterien der EU hergestellt worden sind, sich durch die C-Klassifizierung mühelos in das rechtliche Gefüge integrieren und den meisten Anforderungen der Drone-Economy an den Betrieb in der offenen Kategorie genügen sollten.
Etwas unklarer gestaltet sich die Situation jedoch mit Blick auf die vorgeschriebene Aussendung der individuellen Remote-ID durch aktive UAS. Hier könnte es sogar noch zu einem regelrechten Eklat kommen. Da die finale Einigung auf einen (internationalen) Übertragungsstandard für die Remote-ID noch aussteht, könnte es sein, dass Hersteller und Betreiber an dieser Stelle gegebenenfalls noch nachbessern müssen. Zwar war auch hier der Vorlauf im Grunde ausreichend, doch eine international harmonisierte Lösung lässt weiter auf sich warten.
Text: Maximilian Beck