Erhöhte Netzsicherheit
Ein verbesserter ökologischer Fußabdruck auf der einen, eine erhöhte Netzsicherheit auf der anderen Seite. Für das Unternehmen HanseGas, in vielen Kommunen Mecklenburg-Vorpommerns und Teilen Brandenburgs als Betreiber von Gashochdrucknetzen aktiv, ist der Verzicht auf Helikopter zur Pipeline-Befliegung eine rationale Entscheidung. Eine Entscheidung, die den UAS-Hersteller Beagle Systems nachhaltig stärkt – und die Signalwirkung für die Drone-Economy haben kann.
Von Jan Schönberg
Als anerkannter technischer Regelsetzer gibt der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) weithin akzeptierte technische Richtlinien heraus. Diese haben zwar keine rechtlich bindende Wirkung, werden aber dennoch wie eine Art De-facto-Norm behandelt. Im Arbeitsblatt G 466-1 „Gasleitungen aus Stahlrohren für einen Betriebsdruck größer als 16 bar – Betrieb und Instandhaltung“ heißt es, dass Erdgastransportleitungen zumindest einmal im Monat per Helikopter beflogen werden müssen, um auf mögliche Gefährdungen durch Fahrzeuge, Gräben, Ablagerungen und Schilderpfähle reagieren zu können. Doch bei HanseGas, einem Betreiber von Gashochdrucknetzen in Mecklenburg-Vorpommern und dem nördlichen Brandenburg, geht man seit Neuestem einen anderen Weg.
Experimentiert
„Wir denken, dass unser System noch besser ist als vom DVGW-Regelwerk gefordert“, gibt HanseGas-Mitarbeiter Olaf Boenigk selbstbewusst zu Protokoll. Und es gibt Grund anzunehmen, dass man mit dieser Meinung nicht alleine dasteht. Denn in der Branche blickt man aufmerksam auf das, was da im Nordosten Deutschlands vor sich geht. Angefangen hat alles im Jahr 2022. Damals startete das zum Eon-Konzern gehörende Unternehmen ein Innovationsprojekt mit dem hessischen Unternehmen SuperVision Earth. Die Idee: Mit Satellitendaten die visuellen Eindrücke der Helikopterbesatzung mindestens gleichwertig ersetzen. Doch trotz ermutigender Ansätze überwogen am Ende die Defizite. Neben der limitierten Auflösung der optischen Daten standen vor allem die wechselnden Wetterbedingungen einem Projekterfolg im Wege. Bei starker Bewölkung war die Bildabdeckung schlicht nicht groß genug, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten.
Durch Drohnenaufnahmen lassen sich potenzielle Gefährdungen für die unterirdischen Pipelines rechtzeitig und effektiv erkennen
Schon damals wurde damit experimentiert, Darstellungslücken mit Hilfe von Drohnen zu schließen. Doch die manuelle Befliegung einzelner Streckenabschnitte stellte sich schnell als zwar im Ergebnis zielführend, jedoch extrem ineffizient heraus. Im vergangenen Jahr wurde dann jedoch ein erneuter Anlauf genommen, eine klimafreundlichere Alternative zum Hubschrauber des Typs Robinson R 44 zu finden, mit dem pro Jahr bei den Pipeline-Inspektionsflügen zirka 16 Tonnen CO2 emittiert werden.
Kombination
Im Rahmen eines weiteren Innovationsprojekts wurde dann die Kombination aus Satellitendaten (SuperVision Earth) und hochaufgelösten Luftbildern erprobt, die mit Hilfe von Langstreckendrohnen (Beagle Systems) erstellt werden. Eine Kombination, die sich als voller Erfolg herausstellte. „Die gemeinsam entwickelte Überwachungsmethodik basiert auf der effizienten Integration von zwei Schlüsseltechnologien“, weiß Olaf Boenigk. „Satellitendaten hoher zeitlicher Auflösung sowie Drohnenaufnahmen von herausragender Bildqualität- und Auflösung.” Dabei werden täglich Satellitenbilder mit Hilfe von KI-Algorithmen auf Veränderungen und mögliche Gefährdungen für das mehr als 1.200 Kilometer umfassende Netz von Erdgastransportleitungen hin analysiert. Das sich daran anschließende Reporting wird von erfahrenen Fachkräften überprüft und – sofern erforderlich – auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern direkt vor Ort in Augenschein genommen.
Mit dem Reporting erhält HanseGas georeferenzierte Warnhinweise mit Hinweisen zu erkannten Gefährdungssituation
Einmal monatlich werden alle Pipelines zudem von Beagle-Systems-Drohnen beflogen. Die gewonnenen Bilddaten werden ebenfalls zunächst von der KI überprüft und dann an HanseGas übermittelt. Was derzeit noch durch den Transport eines einzelnen UAS zu unterschiedlichen Start- und Landeorten, von denen die Flächendrohne zu ausgedehnten Flügen abhebt und automatisiert kilometerweit der Pipeline folgt, soll perspektivisch noch effizienter werden. Durch fest in Hangars stationierte UAS soll die Anwesenheit von Personal am Start- und Landeplatz überflüssig werden. „Das wird die Zukunft der Pipeline-Befliegung sein“, ist Olaf Boenigk überzeugt.
Echtzeit-Analyse
Dann soll auch der wohl letzte verbliebene Vorteil von Helikoptern gegenüber der Kombination aus Satelliten und unbemannten Flugsystemen der Vergangenheit angehören. Denn wo der Hubschrauber bei Gefahr in Verzug direkt landen oder unmittelbar Alarm schlagen kann, liegen die Erkenntnisse der neuen Methodik erst mit einer Zeitverzögerung von etwa 24 Stunden vor. Was aufgrund des enorm gesteigerten Analyse-Intervalls durch tagesaktuelle Satellitendaten zu verschmerzen ist, soll jedoch in Zukunft durch Echtzeit-Auswertung des Livestreams per KI-Software weiter optimiert werden. Und damit die Netzsicherheit sogar noch weiter erhöht.