Anstieg der gewerblichen Drohnennutzung
Vor Kurzem legte der Verband Unbemannte Luftfahrt (VUL), eine gemeinsame Initiative des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sowie des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), mit der „Analyse des deutschen Drohnenmarktes“ eine vielbeachtete Marktstudie vor, die an eine Erhebung aus dem Jahr 2019 anknüpft. In der vom Hamburger Institut Drone Industry Insights erstellten Analyse prognostizieren die Autoren für den Zeitraum bis 2025 einen starken Anstieg der gewerblichen Drohnennutzung, während der private Drohneneinsatz seinen Zenit bereits überschritten haben dürfte. „Während in Deutschland zurzeit nur eine von neun Drohnen kommerziell betrieben wird, wird es im Jahr 2025 bereits jede dritte sein. Der deutsche Drohnenmarkt wird im gleichen Zeitraum von jetzt 840 Millionen Euro auf mehr als 1,6 Milliarden Euro wachsen“, heißt es dazu auf der VUL-Website. Sehr aufmerksam gelesen hat man die Marktanalyse auch bei Droniq. (Lese-Tipp: Deutsche Flugsicherung und Deutsche Telekom gründen Droniq) CEO Jan-Eric Putze teilt die positiven Ergebnisse und Prognosen der „Analyse des deutschen Drohnenmarktes“, sieht die Drone-Economy jedoch aktuell an einem kritischen Punkt. Vor allem die Politik müsse handeln, damit die deutsche Drohnenbranche ihre gute Position im globalen Wettbewerb behaupten könne. Drones fragt nach.
Von Jan Schönberg
Drones: Der kommerzielle Drohnenmarkt wächst stark, die private Drohnennutzung geht spürbar zurück: Welche dieser beiden Entwicklungen wird sich stärker auf das Unternehmen Droniq auswirken?
Jan-Eric Putze: Unser Fokus liegt auf der gewerblichen Drohnennutzung. Wir sind die deutschlandweit führende digitale Plattform für die unbemannte Luftfahrt. Mit unserer Technik ermöglichen wir es, professionelle Drohnenflüge einfach, sicher und im Einklang mit den geltenden Regularien zu planen und durchzuführen. Der Kern unseres Angebots, unser Verkehrsmanagementsystem für Drohnen, wird bereits jetzt unter anderem von Unternehmen aus den Bereichen Bau, Energie, Chemie und Landwirtschaft genutzt. Hinzu kommen Kunden aus den Segmenten Lebensrettung, Sicherheit und Brandschutz. Wenn die gewerbliche Drohnennutzung weiter zunimmt, freut uns das entsprechend sehr. Die Kunden profitieren davon, dass wir mit unserer technischen Lösung die Drohne und den sie umgebenden Flugverkehr digital sichtbar machen können. Der Drohnenpilot sieht entsprechend immer, wo sich seine Drohne befindet und welche Flugverkehrsteilnehmer sich in ihrer Nähe aufhalten. Daneben wird die Drohne durch unsere Technik auch für den sie umgebenden Flugverkehr sichtbar. Die Kunden profitieren entsprechend von einer höheren Sicherheit. Auch Einsätze außerhalb der Sichtweite werden so erleichtert.
Inwiefern decken sich die Ergebnisse der VUL-Marktstudie mit Ihren eigenen Beobachtungen und Prognosen?
Auch wir registrieren mit Blick auf unser Kundenportfolio eine Zunahme bei der gewerblichen Drohnennutzung. Immer mehr Branchen nehmen die Drohne als Wirtschaftsinstrument wahr, dessen Einsatz hilft, Prozesse schneller sowie sicherer abzuwickeln, Zeit zu sparen und neue Dienstleistungen zu etablieren. Entsprechend sehen wir aktuell auch steigende Anwendungen von Drohnen in der Wirtschaft. Hinzu kommt eine immer größer werdende Anzahl an Forschungsprojekten, die sich mit der Drohne als wirtschaftlichem Akteur, beispielsweise im Rahmen medizinischer Transporte, befassen. Auch hier bewegt sich erfreulicherweise immer mehr. Nun gilt es, diese Forschungsprojekte in den wirtschaftlichen Regelbetrieb zu überführen.
Im Drone Market Report 2020-2025 von Drone Industry Insights wird dem weltweiten Drohnenmarkt ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 13,8 Prozent vorausgesagt. Für Deutschland erwarten die Analysten laut VUL-Studie sogar ein Wachstum von 14,5 Prozent per anno. Klingt so, als wäre die deutsche Drone-Economy auch im internationalen Vergleich auf einem guten Weg. Teilen Sie diesen Optimismus?
In Teilen ja. Wir haben in Deutschland sehr gute Voraussetzungen, um mit Blick auf die gewerbliche Drohnennutzung einer der führenden Drohnenmärkte zu sein: Einige der relevantesten Unternehmen im Bereich Urban Air Mobility haben ihren Sitz in Deutschland. Auch bei der Entwicklung von Verkehrsmanagementsystemen für Drohnen ist die Bundesrepublik einer der internationalen Vorreiter. Beide Aspekte werden die gewerbliche Drohnennutzung in den kommenden Jahren nachhaltig prägen und den Markt gestalten. Dennoch steht der gewerbliche Drohnenmarkt in Deutschland aktuell auch an einem kritischen Punkt. Denn gänzlich geöffnet ist der Markt noch nicht. Dazu sind die Regularien, die es für den Drohneneinsatz zu erfüllen geht, mitunter zu komplex, zu unterschiedlich je nach Bundesland. Das gilt auch für das Fliegen der Drohne außerhalb der Sichtweite, einer der wichtigsten Schlüssel, um die Drohne als Wirtschaftsinstrument vollends in den Verkehr zu integrieren. Was in einigen Ländern mitunter bereits gängige Praxis ist, ist in Deutschland bislang nur mit sehr großem Genehmigungsaufwand möglich. Auf Unternehmen wirkt das abschreckend. Wenn diese Problematiken nicht gelöst werden, besteht die Gefahr, dass der deutsche Drohnenmarkt zusehends in das Mittelmaß absteigt.
Aktuell wird viel über die harmonisierten europäischen Rahmenbedingungen für den Drohnenbetrieb gesprochen. Inwiefern wird die derzeit diskutierte Neufassung der deutschen Luftverkehrsgesetzgebung entscheidend für die Entwicklung der deutschen Drone-Economy sein?
Die Neufassung der Luftverkehrsgesetzgebung markiert eine große Chance für den hiesigen Drohnenmarkt. Gelingt es der Politik, das richtige Maß zwischen Lockerung und Reglementierung zu finden, kann sie einen wichtigen Beitrag leisten, die gewerbliche Drohnennutzung in Deutschland nachhaltig zu fördern. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Eine zu strenge Auslegung kann die Integration der Drohne in den deutschen Luftraum erschweren. Das passiert zum Beispiel dann, wenn für die bemannte und die unbemannte Luftfahrt unterschiedliche, teils widersprüchliche Rechte gelten. Um ein entsprechendes Szenario zu vermeiden, ist zu empfehlen, bei der anstehenden Überführung der Europäischen Drohnenregulierung den Blick auf Bestehendes zu werfen: Für die bemannte Luftfahrt gibt es ein Regelsystem, das sich über die Jahre bewährt hat und hoch reguliert ist. Dem gegenüber steht die unbemannte Luftfahrt, deren Regulierung sich gerade am Anfang befindet. Die Erlassung gesonderter, ausschließlich für die unbemannte Luftfahrt geltende Regeln sowie Vorschriften ist in diesem Zusammenhang kontraproduktiv. Im schlimmsten Fall entstehen dadurch zwei getrennt voneinander existierende Regelwerke. Dies gilt es zu vermeiden. Vielmehr sollte es das Ziel sein, die unbemannte Luftfahrt in die bemannte Luftfahrt zu integrieren. Dafür ist es ratsam, die für den unbemannten Flugverkehr notwendigen Regelungen in das bestehende Regelwerk zu überführen. Nur so ist es möglich, die Vorteile beider Welten zu vereinen – bei gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit für alle Flugverkehrsteilnehmer.
Welche Hausaufgaben muss Droniq erledigen, um sich auch in den kommenden Jahren ein Stück vom größer werdenden Kuchen abschneiden zu können?
Einen Großteil der Hausaufgaben haben wir bereits erledigt. Uns ist es gelungen, das deutschlandweit erste voll-operative Verkehrsmanagementsystem für Drohnen auf den Markt zu bringen. Seitdem haben wir es geschafft, unsere Angebots-Range weiter auszubauen. Mit unseren neuesten Produkten, dem HOD4Stream und der HOD4Command, bieten wir eine Ende-zu-Ende-verschlüsselte Datenkommunikation und -übertragung in Echtzeit, die in jedes Flugzeug eingebaut und nahtlos in alle unterstützten Flight-Controller integriert werden kann. Anfang des Jahres haben wir unsere Droniq App auf den Markt gebracht. Die App hilft Drohnenbetreibern dabei, Missionen in Übereinstimmung mit geltenden Gesetzen und Vorschriften zu planen und durchzuführen sowie unnötige Gefahren für andere zu vermeiden. Bereits jetzt sind wir also sehr gut aufgestellt, um Unternehmen, Behörden und Institutionen bei der gewerblichen Drohnennutzung zu unterstützen. Für die Zukunft gilt es nun, unsere Führungsrolle im Drohnenmarkt weiter auszubauen. Dazu werden wir unser UTM kontinuierlich weiterentwickeln und um neue Funktionen erweitern. Mittelfristig ist es unser Ziel, der erste USSP [U-space Service Provider, Anm. d. Red.] Europas zu werden. Es liegt also auch noch ein spannender Weg vor uns, wobei der ausschlaggebende Faktor aktuell die Politik ist. Ihre Aufgabe ist es, den Drohnenmarkt weiter zu öffnen, damit das Potential von Drohnen endlich vollumfänglich genutzt werden kann.