Blaupause für ganz Deutschland
Die Stimmung war gelöst. Schon vor dem ersten Flug. Die Sonne strahlte über dem Gelände der Liebherr-MCCtec Vertriebs- und Service GmbH, das sich die DFS Deutsche Flugsicherung und deren Tochterfirma Droniq für die Auftaktveranstaltung zur Testphase des U-space-Reallabors Hamburg ausgesucht hatten. Ein passender Rahmen für den Start eines Projekts, das alle Beteiligten als Blaupause für ganz Deutschland verstanden wissen wollen.
Von Jan Schönberg
Ab 2023, so die Vorgaben der Europäischen Union, müssen die Mitgliedstaaten eine Reihe obligatorischer Dienste zur Einrichtung geografischer Gebiete zur gemeinsamen Nutzung durch bemannte und unbemannte Systeme anbieten – einen so genannten U-space-Luftraum. Um hierfür möglichst frühzeitig eine gute Grundlage zu schaffen, fördert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zwischen Mai und November 2021 die Einrichtung eines U-space-Reallabors im Hamburger Hafen mit etwa 500.000 Euro. „Dass wir heute hier sind zeigt, dass wir es ernst meinen mit dem Aktionsplan der Bundesregierung für unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte sowie dem Vorhaben, Deutschland zum Leitmarkt zu machen“, erklärte Daniel Phiesel, Leiter der Projektgruppe Unbemannte Luftfahrt im BMVI, vor dem kurzen Flug einer konventionellen DJI-Drohne, dem symbolischen Start des Testbetriebs. „Wir wollen heute testen, was morgen europäisches Recht wird.” (Lese-Tipp: Aktionsplan von Verkehrsminister Andreas Scheuer im Detail vorgestellt)
Komplexes Umfeld
Dabei hat man sich mit Hamburg gleich ein komplexes Umfeld ausgesucht. Oder wie es Andreas Rieckhof, Staatsrat in der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation in Anlehnung an Frank Sinatra formulierte: „If you can make it there, you can make it anywhere“. Schließlich bietet die Hansestadt optimale Bedingungen, um mit Blick auf die Erprobung eines U-space-Luftraums tatsächlich als Blaupause für ganz Deutschland zu dienen. „Hamburg als Stadtstaat kann und will mit Blick auf die Entwicklung der Drohnentechnologie eine ganz besondere Rolle einnehmen“, erläuterte Rieckhof, warum die Elbmetropole sich so gut für ein derartiges Reallabor eignet. „Wir sind stolz darauf, diese Herausforderung in einem schwierigen Luftraum anzugehen. Die Stadt ist dicht besiedelt, es gibt zwei Flughäfen, den Hafen, Autobahnen und andere kritische Infrastruktur zu berücksichtigen.” Ein echter Standortvorteil für das Sammeln von wichtigen Daten und Fakten, um das Thema U-space und die integration von Drohnen in einen gemeinsam mit manntragenden Fluggeräten genutzten Luftraum tatsächlich effektiv erproben zu können.
Das Reallabor erstreckt sich über 30 Quadratkilometer. Die anstehenden Testflüge der am Projekt beteiligten Unternehmen und Institutionen finden über dem Gebiet von Steinwerder sowie Teilen von Grasbrook statt. In mehreren Flugszenarien soll in den kommenden Wochen das sichere und koordinierte Zusammenspiel von bemanntem und unbemanntem Flugverkehr simuliert werden. Die dafür benötigten Luftraum- und Flugverkehrsdaten kommen von der DFS, die in einer Art Doppelfunktion sowohl die Rolle des Common Information Service Providers als auch – über den Tower Hamburg – die des Air Navigation Service Providers als zuständige Flugverkehrskontrollstelle übernimmt. „Wir zeigen hier, wie modern und digital ein Luftraum für Drohnen gestaltet werden kann“, erklärte Arndt Schoenemann, der Vorsitzende der DFS-Geschäftsführung. „Um die unbemannte Luftfahrt sicher in das Luftverkehrssystem zu integrieren, kombinieren wir unsere Erfahrung in der bemannten Luftfahrt mit innovativen technologischen Lösungen. Neben Drohnen werden wir in den nächsten Jahren bedeutsame Entwicklungen auch in anderen Feldern der immer autonomer werdenden Luftfahrt erleben. Wir sind stolz, hier ganz vorne mit dabei zu sein.“
Gemeinsame Luftlagedarstellung
Eine Schlüsselfunktion innerhalb des Reallabors nimmt auch das Unternehmen Droniq ein, eine Tochter von DFS und Deutscher Telekom. Droniq fungiert als U-Space Service Provide, der den Drohnenverkehr im U-Space-Luftraum koordiniert. Dabei geht es vor allem um die elektronische Sichtbarkeit der Drohnen und des übrigen Verkehrs in einer gemeinsamen Luftlagedarstellung. Und nicht zuletzt natürlich um die Vergabe von Fluggenehmigungen für Drohnen. „Um das wirtschaftliche Potenzial von Drohnen vollumfänglich zu nutzen, müssen sie einfach und sicher in den bestehenden Flugverkehr integriert werden. Die Testflüge markieren den nächsten Schritt, das zu erreichen. Gleichzeitig nähern wir uns damit unserem Ziel, Droniq deutschlandweit als ersten USSP zu positionieren“, erklärt Droniq CEO Jan-Eric Putze. „Wir sind U-space-Ready.“
Lese-Tipp
Mehr über das U-space-Reallabor im Hamburger Hafen und und die ersten Testflüge lesen Sie in der nächsten Ausgabe von Drones, dem Magazin für die Drone-Economy. Heft 1/2021 erscheint am 28. Oktober 2021, die Digital-Ausgabe steht schon ab dem 15. Oktober 2021 bereit.