Globale Expansionspläne
Ist das der ganz große Durchbruch? Zumindest hat der Großauftrag des US-Unternehmens Spright für Wingcopter mit einem Volumen von 16 Millionen US-Dollar weltweit Beachtung gefunden. Schließlich bekommt das Unternehmen aus Darmstadt damit mehr als nur einen Fuß in die Tür zum wichtigen US-amerikanischen Markt. Doch warum hat man sich für das geplante Lieferdrohnennetzwerks zur medizinischen Versorgung ländlicher Regionen in den Vereinigten Staaten gerade für die eVTOL-Starrflüglerdrohne aus Hessen entschieden? Und was bedeutet das für Wingcopters globale Expansionspläne? Drones fragt nach bei Mitgründer und Chief Services Officer Ansgar Kadura.
Von Jan Schönberg
Drones: Wingcopter-CEO Tom Plümmer hat davon gesprochen, dass Ihr Wingcopter einen perfekten Product-Market-Fit besitze. Was ist damit gemeint?
Ansgar Kadura: Spright wird den Wingcopter 198 in den USA für den Transport von Medizinprodukten und Laborproben zwischen verschiedenen Standorten einsetzen. Labore, Krankenhäuser und andere medizinische Standorte werden somit automatisiert, schneller, ökologischer und sicherer miteinander verbunden. Der Wingcopter 198 ist explizit für den Betrieb außerhalb der Sichtweite entwickelt und befindet sich im Zulassungsprozess der FAA. Unser Flugsystem ist optimal auf die Anforderungen des Kunden ausgelegt. Unseres Wissens nach, hat es bislang weltweit auch noch keine Bestellung von Lieferdrohnen in dieser Größenordnung gegeben. Spright kauft ja nicht ein, zwei Drohnen bei uns, um damit ein wenig auszuprobieren und gegebenenfalls ein Proof-of-Concept durchzuführen. Stattdessen arbeiten sie daran, mit unseren Drohnen ein Netzwerk für die Lieferung medizinischer Güter in den gesamten USA aufzubauen. Da ist der jetzige Auftrag auch erst der Anfang.
Von wie vielen Wingcoptern sprechen wir denn?
Über die Anzahl der Wingcopter, die diese Vereinbarung umfasst, können wir keine Angaben machen. Die Auslieferung beginnt aber noch in diesem Jahr. Das Ganze zeigt in jedem Fall, dass die Lieferdrohnenindustrie aus dem Versuchs- und Projektstadium herauskommt, hin zu einem dauerhaften Regelbetrieb. Wir wollen auch hervorheben, dass sich ein amerikanisches Unternehmen nicht bei der örtlichen Konkurrenz bedient, sondern sich bewusst für Wingcopter entschieden hat. Das bestätigt uns darin, dass wir für medizinische und andere dringende Lieferungen über längere Strecken aktuell die beste Technologie anbieten.
Als die Partnerschaft zwischen Spright und Wingcopter im vergangenen Sommer bekannt wurde, wurde zudem ein gemeinsames Pilotprojekt mit dem Hutchinson Regional Health System im US-Bundesstaat Kansas angekündigt. Offenbar verlief dies erfolgreich. Welche konkreten Erkenntnisse hat das Ganze gebracht, die gegebenenfalls auch in die weitere Wingcopter-Produktentwicklung mit einfließen?
Es handelt sich hierbei nicht um ein Pilotprojekt, sondern um erste dauerhaft angelegte Routen, die regelmäßig geflogen werden sollen. Im ländlichen Kansas ist der Use-Case sehr klar und stark: Wichtiges medizinisches Fachpersonal soll nicht zum Transport von Medikamenten und Proben stundenlang im Auto zum nächstgrößeren Krankenhaus oder Labor fahren. Stattdessen werden unsere Wingcopter 198 dort der Standard für Transporte sein. Somit entlasten wir gezielt das Gesundheitssystem an einer der schwächsten Stellen und verbessern die Versorgungsqualität auf dem Land. Die Erfahrungen unterstreichen, dass der Wingcopter 198 das optimale Flugsystem für diese Transporte ist.
Neben der Triple-Drop-Drohne Wingcopter 198 haben Sie im vergangenen Jahr auch eine Control-Station-Software vorgestellt. Welche Rolle spielt diese in den gemeinsamen Bemühungen mit Spright?
Die Control-Station-Software ist integraler Bestandteil unseres „Unmanned Aircraft System“. Dieses umfasst nicht nur das unbemannte Flugsystem, sondern auch den Kommunikationslink, die Control-Station und weitere Bausteine. Für den skalierbaren Flugbetrieb ist diese Software ausschlaggebend und sie wird kontinuierlich weiterentwickelt.
Über den Transport medizinischer Produkte und die Verbesserung der medizinischen Versorgung mit Drohnenhilfe wird vielerorts auf der Welt mehr oder weniger konkret nachgedacht. Welche Bedeutung hat es für Wingcopter mit Blick auf weitere Expansionsmöglichkeiten, einen Großauftrag wie den von Spright an Land gezogen zu haben?
Mit dem Auftrag durch Spright, einem Tochterunternehmen von Air Methods, positionieren wir uns strategisch im größten Markt der Welt mit dem größten Helicopter Emergency Medical Services-Provider des Landes. In Japan sind wir mit All Nippon Airways, der größten Airline des Landes, eine Partnerschaft eingegangen, um einen ähnlichen Service aufzubauen. Wir sind bei der Auswahl der Partner sehr bedacht und suchen uns insbesondere erfahrene Luftfahrtbetriebe, die unsere Mission teilen, unbemannte Luftfahrzeuge sicher in den Luftraum zu integrieren. Es werden noch weitere Partnerschaftsankündigungen rund um die Welt folgen und wir werden den Wingcopter 198 zuerst dort fliegen, wo es regulatorisch bereits möglich ist. In den kommenden Jahren werden wir mit unseren Partnern oder im Eigenbetrieb in vielen Ländern der Welt einen Drohnenlieferservice aufbauen.
Im Mai 2021 hat Ihr Geschäftspartner und Mitgründer Jonathan Hesselbarth im Drones-Interview davon gesprochen, dass für Wingcopter aufgrund einer geplanten teilautomatisierten Serienproduktion im Jahr 2022 eine Produktionskapazität von 1.000 Wingcoptern pro Jahr möglich sein soll. Wie weit sind Sie diesbezüglich? Und reicht diese Produktionskapazität überhaupt dazu aus, neben der Spright-Bestellung auch noch weitere Kunden und Projekte zu versorgen?
Unsere Serienproduktion ist auf noch größere Stückzahlen vorbereitet und bereits angelaufen. Wir haben genügend Kapazitäten, um weitere Kunden und Projekte zu versorgen und in den kommenden Jahren stark zu wachsen.
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