Fraunhofer-Institut

Dr. Bernd Bienzeisler im Interview über Zustellkonzepte

Wenn es im Corona-Jahr 2020 überhaupt so etwas wie Gewinner gab, dann gehören die großen Logistik-Konzerne und Versanddienstleister sicher dazu. Wo persönliche Begegnungen gemieden aber dennoch Waren benötigt werden, haben Hermes, DHL & Co. natürlich alle Hände voll zu tun. Insbesondere jetzt in der Vorweihnachtszeit, der traditionellen Hochsaison für die KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paketdienste). In der Studie „Zustellarbeit 4.0“ setzen sich das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO sowie die Input Consulting gGmbH mit der Frage auseinander, wie neue Technologien zukünftige, nachhaltige Zustellkonzepte beeinflussen und verändern könnten.

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Wer jedoch gehofft hat, dass sogenannten Lieferdrohnen dabei eine wesentliche Rolle zukommen wird, für den ist die neu veröffentlichte „360-Grad-Analyse“ eine Enttäuschung. Zumindest dann, wenn es um die konkrete Zustellung geht. Denn indirekt könnten unbemannte Flugsysteme sehr wohl ihren Anteil an der Zustellarbeit 4.0 haben, weiß Dr. Bernd Bienzeisler, Leiter des Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Heilbronn. Drones fragt nach.

Drones: In Zeiten der Corona-Pandemie haben Online-Handel und Versanddienstleister Hochkonjunktur, rund um Weihnachten herrscht in der KEP-Branche ohnehin Ausnahmezustand: Können Drohnen helfen, hier für Entlastung zu sorgen?
Dr. Bernd Bienzeisler: Kurzfristig sicher nicht, auch mittelfristig sind wir skeptisch, zumindest was die Paketlieferung per Drohne in verdichteten städtischen Gebieten angeht. Vielleicht muss man aber stärker fragen, welche indirekten Beiträge Drohnen leisten können, um die Sendungs- und Lieferstrukturen zu optimieren. Drohnen könnten zum Beispiel „Aufklärungsarbeit“ leisten, wo häufig in zweiter Reihe geparkt wird oder wo potenzielle Umschlagflächen zur Unterstützung alternativer Zustellprozesse verfügbar sind.

Wie erklären Sie sich, dass „Paketdrohnen“ in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch so präsent sind, obwohl sie in der konkreten Zustell-Praxis de facto eigentlich keine Rolle spielen?
Da werden nicht zuletzt spielerische Instinkte angesprochen. Wer hat nicht gern mit ferngesteuerten Autos gespielt und sich das entsprechende Flugzeug gewünscht? Jetzt ist die Technologie für jedermann und jederfrau verfügbar. Und wenn dann noch große Konzerne wie Amazon oder DHL öffentlichkeitswirksame Pilotprojekte starten, dann ist die Begeisterung schnell groß.

Derzeit stehen nicht zuletzt die rechtlichen Rahmenbedingungen und die fehlende Akzeptanz durch die Bevölkerung einem Einsatz von Drohnen für Lieferungen in urbanen Gebieten entgegen. Könnten Lieferdrohnen denn eigentlich größere Bedeutung erlangen, wenn sowohl die Gesetzeslage als auch die öffentliche Meinung dem nicht mehr entgegenstünden?
In sehr speziellen Einsatzfeldern schon. So wie bei der Medikamenten-Versorgung im ländlichen Raum oder dem Transport wichtiger Dokumente. Perspektivisch vielleicht auch im Bereich der Lieferung von zubereiteten Speisen. Aber im Paketbereich sind die Möglichkeiten begrenzt – nicht nur wegen des Gewichts, sondern auch was die Integration in bestehende Lieferprozesse angeht.

Für die aktuelle Fraunhofer-Studie haben Sie „Eine 360-Grad-Analyse“ vorgenommen: Welche Rolle können und werden Drohnen Ihrer Ansicht nach in der „Zustellarbeit 4.0“ spielen?
Drohnen könnten die Planung der Zustellarbeit unterstützen, indem sie Informationen und Bildmaterial sammeln, was zur KI-gestützten Optimierung von Lieferprozessen auf der Straße genutzt wird. Drohnen könnten auch zur passiven Sicherheit bei der Zustellarbeit beitragen, zum Beispiel bei der Überwachung abgestellter Fahrzeuge oder Paketen aus großer Höhe.




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