Meereskunde
Mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Meeren bedeckt. Die maritime Wirtschaft ist ein wichtiger Industriezweig, Hafenanlagen entscheidende Umschlagplätze für den internationalen Güterverkehr. Gleichzeitig sind Ozeane komplexe Lebensräume mit enormer Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht und das globale Klima. Schutz und Pflege der Küstenregionen so pfleglich wie effizient zu gestalten, ist daher im Wortsinn überlebenswichtig. Uncrewed Surface Vessels (USV) können hierbei enorm wertvoll sein.
Von Jan Schönberg
Wer an Nord- und Ostsee unterwegs ist, der kann nach stürmischen Nächten an der „Seegraslinie“ ablesen, wie weit das Wasser den Strand hinauf gekommen ist. Das angelandete Material wird seit Jahrhunderten als Dämmstoff oder Dünger eingesetzt. Die Fähigkeit, CO2 zu binden und organische Kohlenstoffe aus dem Wasser zu filtern sowie in Sedimentschichten abzulagern, macht Seegraswiesen zudem zu einem echten Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Um die Vegetation überwachen zu können und gezielte Pflanzungen in küstennahen Regionen zu ermöglichen, arbeitet der englische USV-Hersteller HydroSurv seit gut zwei Jahren zusammen mit der Universität Plymouth und Valeport, einem Produzenten von Unterwassersensorik daran, eine nicht-invasive Methode zum Seegras-Mapping zu entwickeln. Mit einigem Erfolg, denn mittlerweile ist die Technik zur Unterscheidung der Beschaffenheit beziehungsweise des Bewuchses der Meeresoberfläche weit fortgeschritten.
Schnell skalierbar
Um die letzten Schritte zur Marktreife einer Komplettlösung von der Gewinnung bis zur anschließenden Auswertung sowie Visualisierung der gesammelten Daten zu gehen, wurde jüngst das Projekt SONARS (Seagrass Observation using Novel Acoustic Remote Sensing) gestartet. Ziel des Vorhabens ist es, durch die Kombination von HydroSurv-USV-Plattformen und einer automatisierten Datenverarbeitungslösung eine sowohl umfassende als auch schnell skalierbare Antwort auf die noch offenen Fragestellungen bei der nicht-invasiven Überwachung von Seegraswiesen zu liefern. Im Frühjahr und Sommer 2024 sollen in drei Arealen vor der Südwestküste Englands zunächst Basiswerte ermittelt werden, um dann durch etwa 40 weitere Messkampagnen innerhalb der nächsten neun Monate saisonale Schwankungen in der Vegetation zu dokumentieren. Die Einbindung der cloudbasierten Auswertungssoftware EasySurv soll es künftigen Anwendern ermöglichen, von jedem Ort auf der Welt in Echtzeit auf die gewonnenen Daten zugreifen zu können, um anschließend direkt gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zu Schutz und Pflege von Seegraswiesen einleiten zu können oder die gewonnenen Erkenntnisse für eigene Schutz- und Ansiedlungsprojekte zu nutzen.
Die Sammlung von Daten leicht und effizient zu gestalten, das ist auch das Ziel des norwegischen Unternehmens Nordic USV. Das in Bergen ansässige Startup entwickelt schlüsselfertige Kundenlösungen, um Informationen über maritime Lebensräume und Küstenanlagen allgemein zugänglich zu machen. Die Idee ist, über eine Web-Oberfläche Kunden den Zugriff auf die zur Verfügung gestellte Technik an unterschiedlichen Standorten zu ermöglichen. Im Zentrum des Systems stehen USVs des Typs REAV-28 von HydroSurv. Damit soll eine Küstendaten-Infrastruktur aufgebaut werden, die selbstladende Uncrewed Surface Vessels als Überwachungsplattformen nutzt, um sowohl regelmäßig als auch auf gezielte Anfrage wichtige Daten zu gewinnen und diese einer breiten Fachöffentlichkeit aus Wissenschaft und Küstenmanagement zugänglich zu machen.
Foto: Nordic USV
