Forschungsprojekt zur luftgestützten Unterwasserkartierung an der Stanford University
Zur Erkundung der bislang weitgehend unbekannten Gebiete auf dem Grund der Ozeane werden bislang Sonarsysteme verwendet, die unterhalb von Forschungsschiffen transportiert werden. An der renommierten Stanford University im US-Bundesstaat Kalifornien läuft derzeit jedoch ein Forschungsprojekt zur luftgestützten Unterwasserkartierung. Das Ziel ist es, ein sogenanntes „Photoacoustic Airborne Sonar System“ (PASS) zu entwickeln – das als Payload von Drohnen transportiert werden könnte.
Von Jan Schönberg
Während an Land selbst die entlegensten Gebiete vom Himmel oder auch aus dem Weltraum aus erkundet werden können, tappt die Menschheit über die topographischen Begebenheiten unterhalb der gigantischen Wassermassen der Ozeane in weiten Teilen noch buchstäblich absolut im Dunkeln. Neben bemannten Schiffsmissionen zur Sonar-Aufklärung kommen mittlerweile auch unbemannte Systeme zum Einsatz, um hier für zusätzliche Daten zu sorgen. So kreuzte etwa „Maxlimer“, ein Uncrewed Surface Vessel (USV) des britischen Unternehmens Sea-Kit, gut drei Wochen mutterseelenallein zu Forschungszwecken über den Atlantik und erfasste dabei eine Fläche von 1.000 Quadratkilometern am Rand der europäischen Kontinentalplatte. (Wir berichten in Drones-Ausgabe 1/2021)
Wasser absorbiert zu stark
Forschungsmissionen zur See sind allerdings recht zeit- und kostenintensiv, sodass eine luftgestützte Fernerkundung unter Einbeziehung unbemannter Flugsysteme zu einer erheblichen Effizienzsteigerung führen könnte. Um das zu ermöglichen, arbeiten Wissenschaftler an der Stanford University gerade an der Entwicklung einer ganz neuen Technologie. „In der Luft und im Weltraum befindliche Radar- und Lasersysteme können seit Jahrzehnten die Landschaften der Erde kartieren“, weiß Amin Arbabian, Associate Professor of Electrical Eengineering und Leiter des Forschungsteams an der Stanford School of Engineering. „Meerwasser ist jedoch viel zu absorbierend, um Aufnahmen unter der Wasseroberfläche zu machen.”
Während Lichtstrahlen das Wasser nicht durchdringen und daher zum Beispiel LIDAR-Technologien für diesen Verwendungszweck ausscheiden, stoßen Sonarwellen beim Übergang zwischen Luft und Wasser ans Limit. Denn fast die komplette Energie wird an der Grenze zwischen den beiden Medien verloren. Sendet man also von außerhalb des Wassers Sonarwellen Richtung Meeresboden, um die Schallreflektionen aufzufangen und auszuwerten, müssen diese den Energie-fressenden Übergang zwischen den Elementen Wasser und Luft gleich zweimal absolvieren. Die Folge: Am Ende bleibt fast keinerlei wahrnehmbares Signal übrig, das entsprechend ausgewertet werden könnte.
Hier nun aber setzt die Idee des „Photoacoustic Airborne Sonar System“ an. „Wenn wir Licht in der Luft verwenden können, wo sich Licht gut ausbreitet, und Schall im Wasser, wo sich Schall gut ausbreitet, können wir das Beste aus beiden Welten herausholen“, erläutert Aidan Fitzpatrick, Doktorand der Elektrotechnik in Stanford und Hauptautor der nun veröffentlichten Projektskizze. Im Kern basiert PASS also auf der Kombination der individuellen Stärken von Licht und Schall. Ein Verfahren, das unter anderem auch bei der berührungslosen Analyse unterirdischer Pflanzenwurzeln verwendet wird.
Nur ein Grenzübergang
Das System feuert zuerst einen Laser aus der Luft ab, der an der Wasseroberfläche absorbiert wird. Dabei werden jedoch Ultraschallwellen erzeugt, die sich durch die Wassersäule ausbreiten und von Unterwasserobjekten Richtung Oberfläche reflektiert werden. Der Vorteil: Da die akustischen Impulse erst im Wasser erzeugt werden, entfällt der energieraubende erste Übergang zwischen den unterschiedlichen Medien. Die zurückkehrenden Schallwellen verbrauchen natürlich immer noch den größten Teil ihrer Energie, wenn sie die Wasseroberfläche durchbrechen. Doch der Energieverlust tritt eben nur ein- und nicht zweimal auf.
Mit Hilfe sogenannter „Transducer“ – zu Deutsch: Wandler – werden die akustischen Signale dann aufgefangen, ehe per Software die einzelnen Puzzle-Teile zu einer dreidimensionalen Darstellung des zu erkundenden Gebiets zusammengesetzt werden. „Ähnlich wie Licht durch Wasser oder ein anderes Medium, das dichter als Luft ist, gebrochen oder ‘gebogen‘ wird, wird auch Ultraschall gebrochen. Unsere Algorithmen zur Bildrekonstruktion korrigieren die Biegung die auftritt, wenn die Ultraschallwellen vom Wasser in die Luft gelangen”, erläutert Amin Arbabian.
Problemstellung Wellengang
Bislang funktioniert das System nur unter Laborbedingungen über einer Plastikwanne mit klarem Wasser und ruhiger Oberfläche. „Unser Ziel ist es, ein leistungsfähigeres System zu entwickeln, das auch durch trübes Wasser dringen kann“, gibt Projektleiter Amin Arbabian die Richtung vor. Ein System, das genau wie herkömmliche Sonarsysteme bis in Tiefen von mehreren tausend Meter reichen kann. Der nächste große Schritt ist es nun die Algorithmen so zu verbessern, dass insbesondere auch der Wellengang in offenen Gewässern kein Problem mehr darstellt und mit der PASS-Technologie verlässliche Ergebnisse generiert werden können. „Das ist eine echte Herausforderung“, weiß Aidan Fitzpatrick. „Aber wir glauben, es ist ein lösbares Problem.”
Abbildungen: Aidan Fitzpatrick