Überwindung von Innovationsbarrieren
Der Einsatz unbemannter Systeme im Kontext der medizinischen Versorgung gilt weithin als Paradebeispiel dafür, wie Drohnen künftig zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt werden könnten. Dementsprechend hoch ist die zu erwartende Akzeptanz in der Bevölkerung, dementsprechend zahlreich sind auch in Deutschland die Forschungs- und Pilotprojekte. Doch es gibt auch noch einiges, was hierzulande dem Regelbetrieb von „Medikoptern“ im Weg steht. Aber wie sehen die Hürden konkret aus? Und wie können sie gemeistert werden? Antworten haben die Verantwortlichen der „MV|LIFE|DRONE-Challenge“ (MVLD-C) zusammen mit sechs weiteren Projektteams aus dem gesamten Bundesgebiet gegeben. In einem gemeinsamen Thesenpapier benennen sie mögliche Strategien zur Überwindung von Innovationsbarrieren für den Drohneneinsatz in der medizinischen Versorgung.
Von Jan Schönberg
In dem vom Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekt „MV|LIFE|DRONE-Challenge“ ging es darum zu untersuchen, inwiefern Drohnen die medizinische Versorgung im dünn besiedelten Nordosten Deutschlands verbessern könnten. So wurden die Realisierbarkeit einer UAS-gestützten Blutbank geprüft und ein Konzept zur Versorgung von Einsatzorten mit automatisierten externen Defibrillatoren (AEDs) entwickelt.
Bundesweite Vernetzung
Wesentlicher Bestandteil von MVLD-C war jedoch auch die Vernetzung mit anderen Forschungsprojekten, die an ähnlichen Fragestellungen arbeiten. Ziel war es, durch den gegenseitigen Austausch voneinander lernen und am Ende gemeinsam profitieren zu können. Denn ungeachtet der jeweils unterschiedlichen Ansätze müssen alle involvierten Initiativen Antworten auf dieselben regulativen, technischen und systemischen Fragen finden. Erste Ergebnisse des intensiven Dialogs stellten die Beteiligten in einem Thesenpapier zum Drohneneinsatz in der medizinischen Versorgung vor, in dem sie mögliche Strategien zur Überwindung von Innovationsbarrieren benennen.
Die Autorinnen und Autoren haben dafür vier Bereiche identifiziert: Versorgungssysteme, rechtliche Rahmenbedingungen, den Stand der UAS-Technik sowie fehlende Betriebskonzepte. So gäbe es beispielsweise eine Informationsasymmetrie zwischen Anbietern und potenziellen Nutzern von Drohnentechnik. Während vielen Medizinern die konkreten Möglichkeiten unbemannter Systeme zur Verbesserung bestehender Versorgungssysteme unklar seien, herrsche auf Seiten der Drone-Economy noch ein Informationsdefizit mit Blick auf die konkreten Praxisanforderungen an unbemannte Systeme für die Zustellung medizintechnischer Geräte, den Transport von Laborproben und Blutprodukten oder auch Aufgaben im Bereich Krisenmanagement. Im Bereich der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist durch die Neufassung des deutschen Luftverkehrsrechts zur Anpassung an die europäischen Vorgaben zwar bereits einiges passiert, doch gerade mit Blick auf das sogenannte „Behördenprivileg“ (§21k LuftVO) gäbe es noch einiges zu tun. Insbesondere dann, wenn private Dienstleister im Auftrag einer solcherart privilegierten Stelle aktiv werden sollen. Hier seien konkrete Anforderungen und Vorgaben für den „Betrieb unter Aufsicht“ zu definieren.
Anforderungen definieren
Erfreuliche Nachrichten gab es aus dem Themenfeld „Stand der UAS-Technik“. So seien zirka 80 Prozent der denkbaren Missionen im Bereich medizinische Versorgung mit elektrischen Antriebssystemen realisierbar, allerding bestünde dennoch auch auf dem Feld der Technik noch Anlass zu Überwindung von Innovationsbarrieren. So müssten eindeutige Standards für die Sichtbarmachung von Drohnen im BVLOS-Betrieb definiert und Technologien implementiert werden, die möglichst weitgehend ohne die Erfordernis menschlichen Eingreifens funktionieren. Je weniger Knowhow auf Seiten des medizinischen Personals erforderlich sei, desto besser. Um hier jedoch entsprechende Lösungen entwickeln zu können, müssten von Seiten der künftigen Anwender detaillierte Anforderungen an die komplette Missionsdurchführung formuliert werden.
Wesentliche Hemmnisse wurden im Bereich funktionierender Betriebskonzepte ausfindig gemacht. Für eine systemische Einbindung von Drohnen in das Gesundheitswesen seien funktionierende Geschäftsmodelle unerlässlich. Daher müsste ein Konzept zur Vergütung entsprechender Leistungen im Gesundheitssystem verankert werden. Denn nur wo mit betriebswirtschaftlichen Daten ein tragfähiges Finanzierungskonzept nachgewiesen werden könne, sei perspektivisch auch eine Übertragung öffentlicher Aufgaben zur Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen auf nicht-öffentliche Leistungserbringer denkbar. Sind allen Stakeholdern Kosten und Nutzen klar, könnten Win-win-Situationen entstehen, die tatsächlich zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung führen.
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