Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei, neue Elektrodenmaterialien zu entdecken und zu untersuchen. Für Natrium-Nickel-Manganoxid als Kathodenmaterial in Natrium-Ionen-Batterien zeigen die Simulationen Änderungen der Kristallstruktur beim Ladevorgang. Sie führen zu einer elastischen Verformung, wodurch die Kapazität schrumpft. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift npj Computational Materials. (DOI: 10.1038/s41524-024-01258-x)

Die Forschung zu neuen Batteriematerialien zielt nicht nur darauf, Leistung und Lebensdauer zu optimieren sowie Kosten zu senken. Vielmehr geht es auch darum, seltene Elemente wie Lithium und Kobalt sowie toxische Bestandteile zu reduzieren. Als vielversprechend gelten Natrium-Ionen-Batterien, die auf ähnlichen Prinzipien basieren wie Lithium-Ionen-Batterien, sich jedoch aus in Europa ausreichend verfügbaren Rohstoffen herstellen lassen. Sie eignen sich für stationäre und mobile Anwendungen. „Als Materialien für die Kathode sind Schichtoxide wie Natrium-Nickel-Manganoxide vielversprechend“, berichtet Dr. Simon Daubner, Gruppenleiter am Institut für Angewandte Materialien – Mikrostruktur-Modellierung und Simulation (IAM-MMS) des KIT und korrespondierender Autor der Studie. Im Exzellenzcluster POLiS (steht für: Post Lithium Storage) forscht er an der Natrium-Ionen-Technologie.

Beim schnellen Laden kommt es zu mechanischen Spannungen

Bei diesen Kathodenmaterialien gibt es allerdings ein Problem: Natrium-Nickel-Manganoxide ändern ihre Kristallstruktur, je nachdem, wie viel Natrium gerade gespeichert ist. Wird das Material langsam geladen, geht alles geordnet zu. „Schicht für Schicht geht das Natrium aus dem Material – wie in einem Parkhaus, das sich etagenweise leert“, erklärt Daubner. „Aber wenn es schnell gehen muss, wird das Natrium von allen Seiten herausgezogen.“ Dadurch kommt es zu mechanischen Spannungen, die das Material dauerhaft schädigen können.

Forschende am Institut für Nanotechnologie (INT) und am IAM-MMS des KIT haben nun gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Universität Ulm und am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) diese Zusammenhänge mithilfe von Simulationen aufgedeckt und berichten darüber in npj Computational Materials, einer Zeitschrift aus dem Nature-Portfolio.

Experimente bestätigen Simulationsergebnisse

„Computermodelle können verschiedene Längenskalen beschreiben, von der Anordnung der Atome in Elektrodenmaterialien über deren Mikrostruktur bis hin zur Zelle als funktionale Einheit jeder Batterie“, sagt Daubner. Diese verbinden Mikrostrukturmodelle mit langsamen Lade- und Entladeexperimenten, um das Schichtoxid NaXNi1/3Mn2/3O2 zu untersuchen. Das Material weist mehrere Degradationsmechanismen auf, die zu Kapazitätsverlust führen. Daher taugt es derzeit noch nicht für kommerzielle Anwendungen. Wenn sich die Kristallstruktur ändert, kommt es zu einer elastischen Verformung. Der Kristall schrumpft, was zu Rissen führen kann und die verfügbare Kapazität mindert. Wie am INT und am IAM-MMS vorgenommene Simulationen zeigten, ist dieser mechanische Einfluss so stark, dass er maßgeblich beeinflusst, wie schnell sich das Material laden lässt. Experimentelle Untersuchungen am ZSW bestätigten die Ergebnisse.

Die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse lassen sich teilweise auf andere Schichtoxide übertragen. „Da wir nun die grundlegenden Vorgänge verstehen, können wir uns in weiteren Arbeiten der Entwicklung von Batteriematerialien widmen, die langlebig sind und sich möglichst schnell laden lassen“, fasst Daubner zusammen. Dadurch könnte der großflächige Einsatz von Natrium-Ionen-Batterien in fünf bis zehn Jahren Wirklichkeit werden.


Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 800 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.


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